Jonas Kreis im Interview: Building Information Modeling: Ist BIM Kostentreiber oder Chance für Investoren?

In einer aktuellen Umfrage der Bundesarchitektenkammer aus dem Jahr 2021 wurde festgestellt, dass lediglich 28 Prozent der Architekten mit Building Information Modeling (BIM) arbeiten. Obwohl BIM zahlreiche Vorteile bietet, zögern insbesondere kleine Architekturbüros, die Methode einzusetzen. Ein Hauptgrund dafür sind die Honorarfragen.

Die Anwendung der Integralen Planung mit der Arbeitsmethodik BIM bringt Investoren und Projektentwicklern wirtschaftliche Vorteile. Welche das sind und wie Investoren sich auf die geänderten Prozesse einstellen können, ist ein spannendes Thema. Gerne gebe ich die Praxiserfahrungen weiter, die wir beim Neubau der Viega World dazu gesammelt haben. Meine E-Mail-Adresse zur Terminabstimmung ist Jonas.Kreis@viega.de

Jonas Kreis (Key Account Manager), Viega GmbH & Co: KG

Trotz der derzeitigen Zurückhaltung vieler Architekten, sollten sie die Potenziale von Building Information Modeling nicht unterschätzen.

Im Interview erläutert Jonas Kreis, Key Account Manager bei Viega, wie BIM Investoren und Projektentwicklern eine Chance bietet, das Bauen wirtschaftlicher und qualitativ hochwertiger zu gestalten.

Viel Spaß beim Lesen!

Das Interview: Jonas Kreis

Herr Kreis, weniger als ein Drittel der Architekten, und damit ja auch der Investoren bzw. Projektentwickler, arbeiten mit BIM. Ist tatsächlich die Nachfrage zu gering, um diesen Schritt in die Zukunft des Bauens zu gehen?

Jonas Kreis:

Bevor ich auf die Frage eingehe, sollten wir vorab definieren, was BIM eigentlich ist: Building Information Modeling beschreibt aus meiner Sicht vor allem eine Arbeitsmethodik. Es definiert also die möglichst konsequent digitalisierte Herangehensweise an ein Projekt, von der dezidierten Bedarfsfestlegung über die verschiedenen Planungsschritte bis zum Bau. Nach der Inbetriebnahme stehen die dabei gesammelten Daten zudem für das Facility Management und beispielsweise eventuelle bauliche Veränderungen bis hin zum Rückbau zur Verfügung. BIM ist also kein Software-Tool, um effizienter zu planen. BIM steht für Integrale Planung, deren Vorteile letztlich allen, dem Bauherrn und späteren Nutzer gleichermaßen zugutekommen.

Welche Vorteile bringt BIM konkret für Investoren und Projektentwickler?

Jonas Kreis:

Die Vorteile sind klar zu benennen: Zum Ersten gibt es im Vorfeld eine präzise Bedarfsplanung. Sie bildet konkret die Anforderungen der späteren Nutzer eines Objektes ab. Das verringert den auf Großbaustellen nicht zu unterschätzenden Kostenfaktor „Nacharbeit“. Denn dort, wo das bauliche Ziel klar definiert ist, muss im laufenden Prozess auch nicht umgeplant oder eben nachgebessert werden; Stichwort „Überplanung im Baufortschritt“.

Zum Zweiten können die einzelnen TGA-Fachmodelle in einem 3D-Kollisionsmodell zusammengeführt werden. Das macht unabhängig vom Gewerk schon bei der Planung Störungen beispielsweise bei Leitungsführungen offensichtlich – nicht erst in der Bauausführung. Zeitverzögerungen, improvisierte Lösungen und Nachtragsplanungen werden so vermieden.

Als Drittes sorgt die Integrale Planung mit der Arbeitsmethodik BIM für eine klare Definition der Schnittstellen der Gewerke. Das gilt zum einen zeitlich, also in der reinen Abfolge der Arbeiten. Zum anderen gilt es aber auch qualitativ. Denn über die Dokumentation des Baufortschritts am Digitalen Zwilling stehen den Folgegewerken immer aktuelle Informationen zur Verfügung, was wann in welcher Form getan werden muss.

Der gesamte Bauprozess wird also deutlich schlanker und prozesssicherer. Vereinfacht: Er wird planbarer.

Was ja nicht nur den Bauablauf an sich betrifft ...

Jonas Kreis:

In der Tat, denn gerade bei gewerblichen Investoren hat jedes Bauprojekt eine genauso wichtige finanzielle Seite: Wann ist das Gebäude fertiggestellt, um es wirtschaftlich zu nutzen bzw. zu veräußern? Die BIM-Planung sorgt dafür, diese Zeitspanne – im Vergleich zum linearen Bauen – deutlich zu verkürzen. Der Bauherr kommt also in der Finanzierung schneller zum Return on Invest, hat insgesamt weniger Ärger mit vielleicht nur aufwendig zu beseitigenden Mängeln, und kann so in einem kürzeren Zeitraum mehr Projekte realisieren.

Vor allem, weil Bauen mit BIM für Investoren gleichzeitig einen gewissen Skalierungsfaktor beinhaltet, oder?

Jonas Kreis:

Das stimmt. Denn häufig konzentrieren sich insbesondere gewerbliche Investoren schwerpunktmäßig auf einen Gebäudetypus; beispielsweise bestimmte Varianten von Geschosswohnungsbauten. Die Anforderungen an bauliche Details eines solchen Objektes wiederholen sich also. Die Grundlagenarbeit, die bei der ersten Integralen Planung eines Gebäudes mit BIM geleistet wird, kann daher einfach auf Folgeprojekte übertragen werden.

Und noch mehr gilt dies, wenn ich an das modulare Bauen denke, das sich immer mehr durchsetzt. Jeder, der sich in seinen Projekten damit beschäftigt, profitiert von der digitalen Planungsmethodik BIM gleich doppelt: im aktuellen Projekt durch im Vorhinein klar definierte Einheiten, und in Folgeprojekten durch die Wiederverwendbarkeit und Skalierung der zuvor digital geplanten Module. Das spart in der Summe viel Zeit und Geld.

Womit Sie eine zentrale Frage aufgreifen: Lohnt sich BIM wirklich?

Jonas Kreis:

Das Bauen mit BIM lohnt sich bei Großprojekten auf jeden Fall, wie schon an dem gerade skizzierten Beispiel deutlich wird. Und es lohnt sich umso mehr, je übertragbarer und skalierbarer die ursprüngliche Planung ist. Als weiteres Beispiel hierfür seien nur die sogenannten Trassenkonzepte genannt, also definierte Rohrleitungsführungen für Heizung, Klima, Sanitär – die Lebensadern eines Gebäudes. Wenn die im Rahmen des Erstprojektes einmal sauber definiert und digitalisiert sind, lassen sie sich ohne großen Anpassungsaufwand auf alle weiteren Objekte dieser Art übertragen. Und dieses Beispiel ist nur eines von vielen Gewerken und Teilbauabschnitten, die ein solches Potenzial haben. Vor allem, wenn zusätzlich auf modulares Bauen gesetzt wird; sich da also ebenfalls eine reproduzierbare Systematik einspielt. Aber – und hier schließt sich ein Kreis – auch dafür müssen vor Beginn der Baumaßnahme alle Anforderungen ganz klar beschrieben sein.

Immer wieder wird beim Bauen mit BIM über die Planung im Vorfeld gesprochen. Diesen Aufwand bildet die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) bisher jedoch nicht ab. Was sagen Sie dazu?

Jonas Kreis:

Es stimmt, an dieser Stelle besteht tatsächlich noch Handlungsbedarf. Aber das Thema ist bekannt, und es wird auf allen Ebenen nach Lösungen gesucht. Stand heute ist es noch notwendig, dass sich Investoren oder Projektentwickler vor Beginn der ersten Planungsschritte über diesen Mehraufwand mit ihrem Architekten und Fachplaner verständigen und über die Vertragsbedingungen BIM regeln. Gerne können mich interessierte Investoren und Projektentwickler gezielt auf diese Themen ansprechen, um gerade in dem aktuell so herausfordernden wirtschaftlichen Umfeld möglichst früh die Vorteile der Integralen Planung mit BIM auch für sich auszuschöpfen.

 

Vielen Dank für Ihre Einschätzung, Herr Kreis.

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