Trinkwasser ist in Deutschland nach wie vor von hoher Qualität. Im Gebäudesektor sind jedoch Anstrengungen notwendig, um gute Trinkwasserqualität vor dem Hintergrund der ambitionierten deutschen Klima- und Nachhaltigkeitsziele langfristig sicherzustellen. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse der Studie „Zukunftsstrategie Trinkwasser“, die das Handelsblatt Research Institute (HRI) in Patenschaft mit dem Trinkwasser-Experten Viega am 12. Mai in Berlin vorstellte. Notwendig seien ein energieeffizienteres Trinkwassermanagement sowie ein höherer Digitalisierungsgrad bei Planung, Bau und Betrieb von Gebäuden.
„Die nachhaltige Bereitstellung einer jederzeit ausreichenden Menge von sauberem Trinkwasser ist auch in Deutschland nicht selbstverständlich“, sagt Prof. Bert Rürup, Präsident des HRI und wissenschaftlicher Leiter der Studie. „Um die hohe Trinkwasserqualität auch in Zukunft sicherzustellen und damit unsere Gesundheit zu schützen, müssen jetzt die entsprechenden Weichen gestellt werden.“
Vor allem der Klimawandel und die damit verbundenen Klimaziele stellen Herausforderungen für ein gesundes Trinkwasserangebot dar. Denn: „Die für hygienisch einwandfreies Trinkwasser notwendige Erwärmung ist einer der größten Energie- und CO2-Emissionsposten in Gebäuden“, erklärt Dr. Sven Jung, der die Studie beim HRI maßgeblich begleitete. „Nach der Gebäudehülle ist die Trinkwassererwärmung der wichtigste Hebel zur Energieeinsparung in den Gebäuden von morgen.“
Da nach dem Willen der Bundesregierung der Gebäudebestand in Deutschland bis 2045 klimaneutral sein soll, gibt es hier viel zu tun. Jung zufolge muss dabei der Zielkonflikt zwischen Energieeffizienz und Klimaschutz auf der einen und einem hochwertigen Trinkwasserangebot auf der anderen Seite aufgelöst werden. „Es werden technische Lösungen gebraucht, die Trinkwasserhygiene bei niedrigerem Energieverbrauch sicherstellen“, so Dr. Jung.
Die Installationsbranche setzt auf neue Technologie und Digitalisierung. Heute muss die Betriebstemperatur im Gebäude von Trinkwarmwasser bei mindestens konstant 55 Grad liegen, damit sich Legionellen und andere Bakterien nicht vermehren können. Das ist vorgeschrieben. „Mit entsprechend innovativer Technologie können wir beispielsweise den Einsatz von Energie zur Wassererwärmung deutlich reduzieren und gleichzeitig höchste Trinkwasserqualität erhalten“, sagt Ralf Baginski, bei Viega in der Geschäftsführung für den Bereich Innovation verantwortlich.
Dass Energiesparen nicht zu Lasten von Trinkwasserhygiene führen darf, zeigt ein Blick in die Statistik: Schon heute führen Bakterien wie Legionellen in Deutschland jährlich zu schweren Erkrankungen von bis zu 30.000 Menschen. Alarmierende Fakten, gerade auch vor dem Hintergrund des demographischen Wandels. Denn mit zunehmendem Alter steigt das Risiko, an einer Legionellose, eine schwere Form der Lungenentzündung, zu erkranken.
Um Klima- und Gesundheitsschutz unter einen Hut zu bringen, empfiehlt die Studie u. a. ein verpflichtendes Trinkwasserhygienekonzept analog zum Brandschutzkonzept für Bauherren und Betreiber, das Fördern innovativer digitaler Technologie bei Trinkwassersystemen sowie beim Bau und Betrieb von Gebäuden und regelmäßigere sowie gezieltere Überwachung.
„Derzeit wird sehr viel an klimafreundlichen und nachhaltigen Lösungen für Trinkwasserhygiene geforscht und gearbeitet“, erläutert Ralf Baginski von Viega und weist auf damit verbundene Chancen hin: „Mit Hilfe der Politik kann Deutschland bei diesen Technologien eine Vorreiterrolle einnehmen. Damit kann Trinkwasser zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor werden. Das sind echte Chancen für den Standort.“